Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten. Sie besteht aus drei Komponenten: der Vielfalt der Arten (ein Bär ist kein Löwe), der genetischen Vielfalt innerhalb der Arten (ein Pudel ist kein Schäferhund) und der Vielfalt der Lebensräume (ein Regenwald ist keine Wüste).
Das ist eine gute Frage, die ich nicht beantworten kann (lacht). Bisher wurden knapp zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten entdeckt und beschrieben. Nach derzeitiger Schätzung gibt es jedoch zwischen neun Millionen und mehreren Milliarden Arten auf der Erde. In den Baumkronen tropischer Wälder oder tief im Meer finden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder neue Lebewesen.
Weil wir täglich 100 bis 150 Tier- und Pflanzenarten verlieren. Die meisten davon kannten wir nie. Was wäre wohl los, wenn an einem Tag alle Hirsche, Bären und Schildkröten aussterben würden? Wir erleben das grösste Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit – das müssen wir ernst nehmen.
Sie zeigen den Zusammenhang zwischenbiologischer Vielfalt und unserem Leben. Die meisten Menschen empfinden Mücken als störend. Niemand weiss hingegen, dass sie die wichtigsten Bestäuber von Kakao sind. Ohne Mücke gibt es keine Schokolade!
Er leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Der Pottwal beispielsweise bindet bis zu 15 Tonnen Kohlenstoff in seinem grossen Körper. Wenn er stirbt, sinkt er zum Meeresboden. Anders als Landtiere verwest er dort nicht, sondern wird ins Sediment eingebettet und speichert den in ihm enthaltenen Kohlenstoff dauerhaft. Somit entweicht das gebundene CO2 nicht in die Atmosphäre. Besonders wichtig ist auch die sogenannte «Walpumpe», ein Mechanismus, durch den Wale mit ihrem Kot Nährstoffe aus der Tiefsee in höhere Meeresschichten transportieren und so Phytoplanktondüngen, das wiederum etwa 40 Prozent der von uns jährlich verursachtenCO2-Emissionen bindet.
Der Klimawandel entscheidet darüber, wie wir leben. Der Verlust von Biodiversität entscheidet, ob wir noch leben können. Diebeiden Themen wirken aufeinander. Einerseits beeinträchtigt der Klimawandel Menschen, Tiere und Pflanzen. Andererseits treibt die Zerstörung von Biodiversität den Klimawandel voran: Rund 20 Prozent der jährlichen Emissionen erfolgt durch die Zerstörung des Regenwaldes.
Ja, viele unterschätzen das Risiko. Sitzen wir in einem Flugzeug und merken, wie sich eine Schraube nach der anderen löst, sind wir anfangs kaum besorgt. Löst sich aber eine zu viel, stürzt das Flugzeug ab. Die Biodiversität ist auch ein solches Sicherungssystem und damit unsere Lebensversicherung.
Wie jedes Unternehmen sollte Denner seine Lieferkette prüfen und sicherstellen, dass keine verkauften Produkte die Zerstörung von Biodiversität fördern. Sollte sich beispielsweise herausstellen, dass Denner Fleisch von Rindern verkauft, die mit Soja aus Brasilien gefüttert werden, ist das problematisch. Um die Rinder mit Soja zu füttern, wird Regenwald abgeholzt, da die Fläche für den Sojaanbau gebraucht wird. Denner sollte sich in einem solchen Fall überlegen, Rindfleisch woanders zu beziehen.
Die Zusammenhänge sind nicht immer klarsichtbar, aber der Verlust von Biodiversität verursacht heute bereits hohe Kosten. Der Kakaopreis ist aufgrund schlechter Ernten innerhalb von vier Monaten um 300 Prozent gestiegen. Somit stieg auch der Preis für Schokolade. Bei Früchten und Gemüse gilt dasselbe Prinzip: Wenn wir weniger Insekten haben, die Pflanzen bestäuben, gibt es schlechtere Ernten, was wiederum zu einer Teuerung führt. Selbst wenn Menschen die Pflanzen mit Pinseln bestäuben, ist das viel teurer und weniger effektiv, als wenn es Insekten für uns tun.
Sehr schlecht. Das Problem ist: Die Natur ist eine miese Verhandlungspartnerin. Ihr ist es völlig egal, ob wir Nahrung brauchen oder Geld verdienen müssen. Spätestens wenn die Menschen ausgestorben sind, erholt sich der Planet. Es geht nicht darum, die Welt zu retten, sondern uns selbst. Ein gutes Leben ist nur möglich im Einklang mit der Natur.
«Selbst wenn Menschen die Pflanzen mit Pinseln bestäuben, ist das viel teurer und weniger effektiv, als wenn es Insekten für uns tun.»
Frauke Fischer, Expertin für Biodiversität
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1989 diplomierte sie im Fach Zoologie und wurde nach Abschluss ihrer Promotion zur Leiterin der internationalen Forschungsstation im Comoé Nationalpark in der Côte d’Ivoire ernannt. Mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs dort kehrte sie nach Deutschland zurück. Sie gründete2003 eine Unternehmensberatung mit dem Schwerpunkt Biodiversität und ist Dozentin an der Fakultät für Biologie der Universität Würzburg.
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